Die fristlose Kündigung

von Martin Treeck

BAG Urteil vom 27. Februar 2020 2 AZR 390/19

Frau Müller ist als Lehrerin an einer Oberschule tätig. Aufgrund einer Vielzahl von Erkrankungen wurde zugunsten von Frau Müller durch das zuständige Landratsamt ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht von 50 % anerkannt.

Zwischen der Arbeitgeberin und Frau Müller besteht seit längerer Zeit Streit darüber, ob sie ihre Aufgaben als Lehrerin richtig erfüllt. Nach mehreren Beschwerden von Eltern über den Unterricht von Frau Müller wurde diese bereits zweimal abgemahnt. Nachdem im Frühjahr ein neues Schreiben von Eltern bei dem Schulträger über die Art des Unterrichts von Frau Müller eingegangen war, entschied sich dieser dazu das Arbeitsverhältnis mit Frau Müller außerordentlich fristlos zu kündigen.

Um eine wirksame Kündigung aussprechen zu können, beantragte der Schulträger bei dem Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung. Noch bevor ein Bescheid des Integrationsamtes beim Schulträger eingegangen war, kündigte dieser vorsorglich das Arbeitsverhältnis mit Frau Müller fristlos.

Nachdem Frau Müller die fristlose Kündigung erhalten hatte, erhielt der Schulträger auch den Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes.

Frau Müller ist der Meinung, dass die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Denn das Sozialgesetzbuch schreibe vor, dass der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis kündigen könne. Da zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht erteilt worden sei, sei diese Kündigung per se unwirksam.

Hat Frau Müller mit ihrer Auffassung recht, dass der Arbeitgeber erst nach Eingang der Zustimmung durch das Integrationsamt das Arbeitsverhältnis kündigen konnte?

Wie würden Sie entscheiden?

Richtig ist, dass Frau Müller erst dann durch den Schulträger gekündigt werden konnte, wenn dieser zuvor Entscheidung des Integrationsamtes einholt. Das Integrationsamt muss nach dem SGB IX (§ 174 SGB IX) vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung, einer solchen Kündigung durch Bescheid zustimmen.

Im Fall von Frau Müller war dies allerdings nicht gegeben. Denn die Kündigung von Frau Müller wurde vor Zustimmung durch das Integrationsamt ausgesprochen.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem ähnlich gelagerten Fall eine Kündigung für unwirksam erklärt, indem der Arbeitgeber vor Zustimmung des Integrationsamtes diese Kündigung ausgesprochen hat. Dies ist gerade im Fall von Frau Müller nicht geschehen.

Sie sehen also der Arbeitgeber kann bei der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers sehr viele Fehler machen. Es ist sinnvoll sich bei derartigen Kündigungen rechtlich beraten zu lassen.