Der abgelehnte Gerichtsvollzieher - BAG 23.01.2020

von Martin Treeck

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Januar 2020 - 8 AZR 484/18 -

Auf eine Anzeige in einer Internetplattform bewarb sich Herr Schmidt für eine Stelle in einem Oberlandesgerichtsbezirk als Quereinsteiger für den Gerichtsvollzieherdienst. Herr Schmidt ist mit 50%schwerbehindert. Dies teilte er auch in seiner Bewerbung mit.

Obwohl Herr Schmidt fachlich für die Stelle nicht offensichtlich ungeeignet war, wurde dieser zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen. Auf seine Nachfrage erfuhr Herr Schmidt dann, dass seine Bewerbung aufgrund eines überlaufenen Outlook-Postfach und wegen ungenauer Absprachen unter den zuständigen Mitarbeitern nicht in den Geschäftsgang gelangt war. Über das Verhalten der Justizverwaltung ist Herr Schmidt empört.

Da Herr Schmidt gehört hatte, dass es bei Nichtberücksichtigung eines schwerbehinderten Bewerbers durch einen Arbeitgeber einen Anspruch auf Entschädigung geben kann, machte er unter Berücksichtigung des zweifachen durchschnittlichen Monatsbruttoentgelt einen Entschädigungsanspruch von 7.500,00 EUR gegenüber der Justizverwaltung gelten. Diese lehnt die Zahlung einer Entschädigung mit Verweis darauf ab, dass Herr Schmidt nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei, sondern nur aufgrund des überlaufenen Outlook-Postfach und der fehlenden Absprachen zwischen den zuständigen Mitarbeitern.

Hat Herr Schmidt einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 7.500,00 EUR wegen einer Benachteiligung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz?

Wie würden Sie entscheiden?

Schon des Öfteren hatte ich darauf hingewiesen, dass das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für die Nichtberücksichtigung einer Bewerbung, Schadensersatzansprüche des Bewerbers gegenüber dem Arbeitgeber gewährt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine Benachteiligung eines Bewerbers wegen seines Geschlechtes, seiner Orientierung oder auch wegen seiner Schwerbehinderung vorliegt.

Herr Schmidt ist schwerbehindert. Aufgrund der Schwerbehinderung hat Herr Schmidt einen Anspruch darauf von einem öffentlichen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, soweit er offensichtlich fachlich nicht ungeeignet ist. Herr Schmidt war fachlich eben nicht ungeeignet.

Allerdings stellt sich die Frage, ob der Umstand, dass Herr Schmidt nur deshalb nicht berücksichtigt wurde, weil das Outlook-Postfach übergelaufen war und eine Bearbeitung durch die zuständigen Mitarbeiter deshalb nicht erfolgte, zu einem Entschädigungsanspruch führen kann.

In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Umstand, dass ein Arbeitnehmer, der schwerbehindert ist, zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen wurde, ein ausreichendes Indiz dafür darstellt, dass dieser wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden ist. Der Umstand, dass sich der Arbeitgeber auf ein übergelaufenes Outlook-Postfach beruft, führe nicht dazu, dass die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch entfallen sei.

Sie sehen also Herr Schmidt hat tatsächlich einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Justizverwaltung, weil diese seine Bewerbung aufgrund eines übergelaufenen Outlook-Postfach nicht berücksichtigt hat.