Zu früh gefreut

Schon seit 1995 arbeitete Herr Preis bei einem Verkehrsunternehmen als Busfahrer. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag wurde zwischen Herrn Preis und dem Verkehrsunternehmen geregelt, dass ein Tarifvertrag für den öffentlichen Nahverkehr auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet.

Nachdem Herr Preis der Meinung war, sich nach so vielen Jahren bei dem Verkehrsunternehmen, beruflich neu zu orientieren, kündigte er den Arbeitsvertrag mit dem Verkehrsunternehmen zum Januar des folgenden Jahres. Wie im Tarifvertrag geregelt, wurde Herrn Preis im November, also nach dem Ausspruch der Kündigung durch Herrn Preis, dass tarifliche Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsbrutto ausgezahlt.

Als Herr Preis, wie von ihm gewünscht, zum 31. Januar des folgenden Jahres aus dem Unternehmen ausgeschieden war, kam das Verkehrsunternehmen auf ihn zu und forderte Herrn Preis auf das tarifliche Weihnachtsgeld, welches er im November erhalten hatte, zurückzuzahlen. Das Verkehrsunternehmen wies darauf hin, dass nach dem Tarifvertrag, der für das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll, kein Anspruch auf das Weihnachtsgeld bestand, weil Herr Preis wie gewünscht mit Ablauf des 31. Januar aus dem Verkehrsunternehmen ausgeschieden sei.

Herr Preis ist über die Forderung des Arbeitgebers entsetzt. Schließlich habe er immer das Weihnachtsgeld erhalten. Auch ist er der Meinung, dass er sich das Weihnachtsgeld über das ganze vergangene Jahr doch erarbeitet habe. Der Arbeitgeber könne doch nicht mir nichts Dir nichts dieses erarbeitete Weihnachtsgeld zurück fordern. Auch würde eine Rückzahlungsverpflichtung in sein Recht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 GG eingreifen.

Kann das Verkehrsunternehmen von Herrn Preis die Rückzahlung des Weihnachtsgeldes fordern?

 

Wie würden Sie entscheiden?

Herr Preis hat nicht ganz Unrecht, wenn er den Standpunkt vertritt, dass er sich das Weihnachtsgeld doch über den Lauf des vergangenen Jahres erarbeitet habe. Die in Einzelfällen vereinbarten Leistungen zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes oder sonstiger Gratifikationen, hat ja den Zweck den Arbeitnehmer für die Treue zum Unternehmen zu belohnen und seine Leistung zu honorieren. So kann tatsächlich ein Weihnachtsgeld auch als weitere Vergütung betrachtet werden.

In einem ähnlich gelagerten Fall haben die Richter des Bundesarbeitsgerichts den Standpunkt vertreten, dass die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel in einem Arbeitsvertrag unwirksam ist. Dies deshalb, weil eine derartige Regelung in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer über die Maßen hinaus eingreift und ein Weihnachtsgeld immer eine Vergütung für die Leistungen des vergangenen Arbeitsjahres darstellen würde. Dies gilt allerdings nicht für Tarifverträge. Da tarifvertragliche Regelungen nur ganz eingeschränkt einer Inhaltskontrolle unterzogen werden dürfen. Dies folgt aus der so genannten Koalitionsfreiheit.

So hat das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem eine Rückzahlungsklausel aus einem Tarifvertrag folgte, der vollumfänglich auf eine Arbeitsverhältnis Anwendung findet, für wirksam erachtet. Dies bedeutet für den Fall von Herrn Preis, dass er das im November gezahlte Weihnachtsgeld leider vollumfänglich an dem Verkehrsbetrieb zurückzahlen muss.

Sie sehen also das Tarifrecht wird verfassungsrechtlich besonders geschützt. Regelungen in Tarifverträgen die eine Rückzahlungsverpflichtung eines Weihnachtsgeldes vorsehen sind wirksam.

 

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 27. Juni 2018 - 10 AZR 290/17 -

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